Verkehrswert
Im Baugesetzbuch wird der Markt- oder Verkehrswert folgendermaßen definiert:
"Er wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der
Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre."
Dieser Marktwert wird nach den in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV 2010) festgeschriebenen Grundsätzen für die
Ermittlung der Marktwerte von Grundstücken - je nach Art des Objektes - nach unterschiedlichen Verfahren ermittelt.
Landläufig versteht man unter der Wertermittlung den Vorgang der Ermittlung eines verlässlichen Markt- bzw. Verkehrswerts für
Grundstücke, Häuser oder Eigentumswohnungen oder spezifischer Rechte, wie Wegerechte, Leitungsrechte etc.
“Unter Wert versteht man im Unterschied zum Preis, der das Ergebnis einer konkreten Tauschaktion zwischen zwei
konkreten Marktteilnehmern ist, die aggregierte Preisvorstellung einer Gruppe von Marktteilnehmern. Daher kann man den Wert auch als objektivierten Preis verstehen. Zwischen dem (subjektiven
Einflüssen unterliegenden) Preis und Wert sind Abweichungen möglich und üblich.” - so das BGH-Urteil vom 25. Oktober 1967 ( AZ. VIII ZR 215/66 )
"Der Preis einer Sache muss ihrem Wert nicht entsprechen."
Bei der Wertermittlung versucht man - in der Regel durch Anwendung standardisierter Verfahren - eine möglichst objektive
Aussage über den Wert einer Immobilie zu machen. Dennoch ist ein Wert keine mathematisch genau ermittelbare Grösse. So werden unterschiedliche Gutachter in der Regel zu verschiedenen
Ergebnissen kommen. In der Rechtsprechung wird z.B. bei der Verkehrswertermittlung von Grundstücken von einer Bandbreite von ± 20 % ausgegangen.
Vielleicht werden diese Unterscheidungen zwischen objektivem Wert und dem durch subjektive Einflüsse gebildeten Preis an folgendem
Beispiel deutlich:
Jeder von uns kennt Internetauktionen, bei denen letztlich der Zuschlag zu einem Preis erfolgt, der sogar über dem - ebenfalls im
Internet recherchierten - niedrigsten Neupreis eines Artikels liegt.
So ähnliche Erfahrungen können Sie derzeit bei Grundstücks-Zwangsversteigerungsverfahren der deutschen Amtsgerichte sammeln. Hier
ist es insbesondere in Ballungszentren keine Seltenheit, dass Häuser und Wohnungen weit über dem amtlich festgesetzten - also durch einen Gutachter ermittelten - Verkehrswert zugeschlagen werden.
Auf der anderen Seite gibt es strukturschwächere Regionen, in denen der Grundstücksmarkt zumindest zeitweise völlig zum Erliegen
kommt und auch in Zwangsversteigerungen - zumindest in den ersten Terminen - kein einziges Gebot abgegeben wird.
Diese außergewöhnlichen Situationen - Marktüberhitzungen oder -ermüdungen - können in Wertgutachten nicht berücksichtigt werden.
Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren kommt bei der Verkehrswertermittlung von bebauten Grundstücken in erster Linie bei Grundstücken in
Betracht, die mit weitgehend typisierten Gebäuden, insbesondere Wohngebäuden, bebaut sind und bei denen sich der Grundstücksmarkt an Vergleichspreisen orientiert. Hier kommen
typischerweise Einfamilien-Reihenhäuser, einfache freistehende Eigenheime in Siedlungen und Garagen in Betracht und ganz typischerweise Eigentumswohnungen. Bei Anwendung des
Vergleichswertverfahrens sind Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück
hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Etwas irreführend mag sein, dass sich der Begriff ”Grundstück” auf die Bewertungsobjekte insgesamt bezieht und nicht nur auf ein
bestimmtes Stück Grund und Boden, wie man es landläufig verstehen würde. Grundstück meint nahezu immer das eigentliche Stück Grund und Boden unter Einbeziehung dessen, was sich darauf befindet
Voraussetzung für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens in einem Wertgutachten ist in der Regel eine genügende Anzahl
geeigneter Vergleichsgrundstücke. Dabei soll auf die Daten der örtlichen Gutachterausschusse für Grundstückswerte zurückgegriffen werden.
Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren kommt insbesondere bei Grundstücken in Betracht, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag für die
Werteinschätzung am Markt im Vordergrund steht, z.B. bei Miet- und Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken. Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens findet die Lage auf
dem Grundstücksmarkt insbesondere dadurch Berücksichtigung, dass die Vertragsverhältnisse, der Liegenschaftszinssatz, die Bewirtschaftungskosten und die
sonstigen wertbeeinflussenden Umstände in einer angemessenen Größe angesetzt werden.
Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren ist in der Regel bei Immobilien anzuwenden, bei denen es für die Wertschätzung am Markt nicht in erster Linie auf den
Ertrag ankommt sondern für die die Herstellungskosten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr wertbestimmend sind.
Dies gilt überwiegend bei individuell gestalteten Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken (Immobilie als Eigenheim), besonders
dann, wenn sie eigengenutzt sind.
Bei Anwendung des Sachwertverfahrens sind insbesondere die Herstellungskosten, die Wertminderung wegen Alters
sowie Baumängel und Bauschäden unter Berücksichtigung der sonstigen wertbeeinflussen Umstände zu ermitteln. In diesem Verfahren ist die Einschätzung der vorhandenen Bausubstanz durch
einen erfahrenen Wertgutachter oder Bausachverständigen besonders relevant. Vorhandene Bauschäden und nicht erfolgte Instandsetzungen und Modernisierungen werden durch den Gutachter
berücksichtigt.
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